Update: Nach Protesten sagt Sigmar Gabriel seine Reise ab
1.5.2016, Berlin
Nach den Protesten hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) seine für den 2. Mai geplante Reise in den Iran abgesagt. Grund sei eine kurzfristige Erkrankung, teilte sein Ministerium mit. Das deutsch-iranische Wirtschaftsforum findet trotzdem statt, unter der Leitung des Parlamentarischen Staatssekretärs Uwe Beckmeyer.
Offener Brief an den deutschen Wirtschaftsminister:
Warum unterstützen Sie Hinrichtungsweltmeister und Feinde Israels, Herr Gabriel?
Berlin, Hannover, Oldenburg, Bremen, 29.4.2016
Sehr geehrter Herr Minister Gabriel,
Anfang Mai reisen Sie zum zweiten Mal in einem Jahr zu wirtschaftspolitischen Gesprächen nach Teheran. Wir fordern Sie auf, diese Reise abzusagen: Wer Geschäfte mit einer antisemitischen Diktatur macht, die Israel mit Vernichtung droht und bei der Verletzung der Menschenrechte weltweit an der Spitze steht, macht sich mitschuldig.
Sie waren nach dem Atomabkommen im Juli letzten Jahres der erste westliche Spitzenpolitiker, der in den Iran gereist ist. Ihren Besuch im antisemitischen Mullah-Regime rechtfertigten Sie folgendermaßen: „Für Deutschland muss klar sein: Wer immer mit uns nachhaltige Beziehungen hat, der kann nicht das Existenzrecht Israels politisch infrage stellen.“ [1]
Das iranische Außenministerium hat Ihnen darauf deutlich geantwortet: Nämlich, dass sich die iranische Einstellung zu Israel nicht ändern werde. Damit wurde Ihre Prämisse zur folgenlosen Phrase.
Bei einem Treffen im Ölministerium sprachen sie dennoch vom Iran als „Freund“. Präsident Hassan Rohani ist jedoch kein „moderater Hoffnungsträger“, sondern das freundliche Gesicht des Terrors. Seit seiner Präsidentschaft werden im Iran deutlich mehr Menschen hingerichtet als unter seinem Vorgänger Ahmadinejad. Frauen werden brutal unterdrückt und auf Homosexualität steht die Todesstrafe. Gewerkschaften, Menschenrechtsgruppen, Angehörige religiöser Minderheiten und verfolgter Volksgruppen werden weiterhin bedroht, die politischen Gefangenen bleiben in Haft, der Hausarrest gegen reformistische Politiker wird nicht aufgehoben, und Folter bleibt an der Tagesordnung. In Irans Krieg für Syriens Assad starben bereits Hunderttausende, und Millionen Menschen sind auf der Flucht.
Der Antisemitismus ist in der iranischen Politik zentral. Wenige Wochen nach Ihrem Besuch soll im Iran zum dritten Mal ein Holocaust-Cartoon-Wettbewerb stattfinden, der antisemitische und den Holocaust leugnende Karikaturen prämiert. [2]
Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stefan Weil musste erkennen, wie zentral die Forderung nach der Vernichtung Israels die iranische Politik bestimmt: Der vermeintlich „moderate“ ehemalige Staatspräsident Rafsanjani beendete ein Treffen abrupt, als Weil erklärte, die Existenz Israels müsse als Tatsache anerkannt werden. [3]
Es bleibt nicht bei verbalen Vernichtungsdrohungen gegen Israel. Das iranische Regime bedroht den jüdischen Staat auch militärisch: Am 9. März hat das iranische Verteidigungsministerium Mittelstreckenraketen mit der hebräischen und persischen Aufschrift „Israel muss ausgelöscht werden“ getestet. Das iranische Regime finanziert antisemitische Terrororganisationen wie Hisbollah und Hamas und rüstet massiv auf.
Herr Gabriel, lassen Sie Ihren Worten Taten folgen und sagen Sie Ihre Reise in den Iran ab! Die kurzsichtigen wirtschaftlichen Interessen einiger deutscher Firmen dürfen es dem Regime nicht ermöglichen, durch Millionen-Geschäfte seine Unterstützung von Terrororganisationen wie der Hisbollah ebenso fortzusetzen wie den Krieg gegen die syrische Bevölkerung und die Aufrüstung gegen Israel.
Mit freundlichen Grüßen,
- STOP THE BOMB Kampagne
- Dr. Kazem Moussavi, Green Party of Iran
- JUSOS Niedersachsen
- JUSOS Berlin
- JUSOS Kreis Stade
- JUSO-Hochschulgruppe Freiburg
- Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken Niedersachsen
- Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R.
- Liberale Jüdische Gemeinde Hannover K.d.ö.R
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Aachen
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Potsdam
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Bremen
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Oldenburg
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Leipzig
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Hannover
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Stuttgart und Mittlerer Neckar
- Deutsch-Israelische Gesellschaft Trier
- Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Freiburg
- Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.
- Honestly Concerned e.V.
- Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte e. V.
- Referat gegen Antisemitismus des AStA der Universität Freiburg
- Arbeitskreis Gesellschaftskritik (Hochschulgruppe an der Universität Leipzig)
- Christliche Israelfreunde Norddeutschland, HH e.V
- Mideast Freedom Forum Berlin
[1] Handelsblatt: „Sigmar Gabriel in Iran: Erster!“ vom 21.07.2015, http://www.handelsblatt.com/politik/international/sigmar-gabriel-in-iran-abfuhr-aus-dem-iran/12083100-2.html
[2] Vgl. Twitter: twitter.com/khamenei_ir/status/446928689943420928; und Video: http://english.khamenei.ir/news/3256/Are-the-Dark-Ages-over. Der Clip bietet auch Bilder von führenden europäischen Holocaust-Leugnern, die als verfolgte Märtyrer der Meinungsfreiheit präsentiert werden. Zum Wettbewerb siehe: iraniansforum.com/eu/
[3] NWZ Online: „Herzlicher Empfang mit abruptem Ende“ vom 18.04.2016, http://www.nwzonline.de/politik/niedersachsen/herzlicher-empfang-mit-abruptem-ende_a_6,1,2390575300.html
Weiter lesen:
Die Welt: Gabriel cancelt Iranreise wegen "kurzfristiger Erkrankung" (1.5.2016)
Tagesspiegel: Wirtschaftsminister Gabriel setzt auf die Offenheit der iranischen Jugend für westliche Werte. Der Jugend seiner SPD geht das zu schnell. (30.4.2016)
Tagesspiegel: Offener Brief an den SPD-Chef: Jusos attackieren Sigmar Gabriel wegen Iran-Reise (29.4.2016)
Deutsche Welle: Gabriel's Iran trip draws criticism at home (29.4.2016)
Iranians Forum: Gabriel unmittelbar vor dem Holocaust-Wettbewerb im Iran (29.4.2016)
"Keine Kooperation mit antisemitischen Hochschulen" - Pressemitteilung des Referats gegen Antisemitismus des AStA und der Juso Hochschulgruppe der Uni Freiburg