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Donnerstag, 26. Dezember 2024

Bundesamt für Ausfuhrkontrolle hat trotz Warnungen monatelang Iran-Geschäfte genehmigt

STOP THE BOMB-Presseerklärung, 21.12.2011

Export-Genehmigungen wurden für die Erschließung des South Pars-Gasfeldes erteilt, einem Projekt der sanktionierten iranischen Revolutionsgarden. STOP THE BOMB dokumentiert, dass Warnungen vor iranischen Tarnfirmen ignoriert wurden. STOP THE BOMB veröffentlicht Briefverkehr mit dem BAFA und fordert Absetzung des BAFA-Präsidenten Dr. Arnold Wallraff

Wie das Wall Street Journal am 17.12.2011 berichtete, hat die deutsche Hansa Group AG seit Juni 2010 Exporte für den iranischen Energiesektor im Wert von 150 Millionen Euro vermittelt. Iranischer Partner war das im April 2010 gegründete iranische Unternehmen PetroKish, welches Personal und Aufträge der im Juni 2010 sanktionierten Revolutionsgarden-Firma Sepanir übernommen hat, um die Geschäfte und Technologie-Lieferungen für die identischen Projekte praktisch nahtlos weiterlaufen lassen zu können. [1] Die Geschäfte mit PetroKish wurden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis zum 13.12.2011 genehmigt, doch nach STOP THE BOMB von einem Informanten zugespielten Dokumenten lagen der Behörde schon über ein halbes Jahr vorher klare Hinweise auf deutsch-iranische Täuschungsmanöver zur Umgehung von Sanktionen vor.

Bereits am 26.5.2011 wurden dem BAFA in einem Ausfuhrantrag der Minimax GmbH & Co. KG Dokumente mit den Logos der sanktionierten iranischen Revolutionsgarden-Unternehmen Sepanir und Khatam al-Anbia zugesandt. Am 14.7.2011 informierte STOP THE BOMB-Sprecher Jonathan Weckerle das BAFA über Hinweise darauf, dass es sich bei PetroKish um eine iranische Tarnfirma der Revolutionsgarden handelt. Am 8.8.2011 sandte STOP THE BOMB dem BAFA Dokumente zu, welchen deutliche Hinweise auf die wahrscheinlichen Rollen der Hansa Group AG als Vermittlerfirma, von PetroKish als iranischer Tarnfirma und von Sepanir und Khatam al-Anbia als iranischen Geschäftspartnern zu entnehmen waren. Die BAFA wurde u.a. aufgefordert, die Dokumente zu prüfen und bis dahin sämtliche Geschäfte mit Beteiligung der Hansa Group AG zu stoppen. Das BAFA antwortete, die Dokumente würden „derzeit geprüft“, hat aber, wie das Wall Street Journal berichtete, die Exporte weiter genehmigt. [2]

Bis heute sind keine Schritte des BAFA bekannt geworden, durch welche die Lieferungen an PetroKish rechtsverbindlich gestoppt und die Ausfuhrgenehmigungen zurückgezogen wurden. Das BAFA verweigert bislang jede Stellungnahme, und im Wall Street Journal wurde lediglich von einer „Bitte“ des BAFA an die Hansa Group AG berichtet, die Lieferungen an PetroKish zu stoppen. Das BAFA verwies dabei informell auf Beratungen über zukünftige Iran-Sanktionen beim EU-Ministertreffen am 1.12.2011.

STOP THE BOMB-Sprecher Jonathan Weckerle erklärt dazu: „Unternehmen, die begierig jede Möglichkeit zur Umgehung von Sanktionen suchen und nutzen, Behörden, die trotz klarster Hinweise auf Täuschungsmanöver beide Augen zudrücken und bis heute keine klaren Konsequenzen gezogen haben  –  so sieht ein deutsches Sittengemälde angesichts der nuklearen Aufrüstung der islamistisch-antisemitischen Diktatur im Iran aus. Der deutsche Sonderweg bei der Blockade westlicher Iran-Sanktionen wird so nicht nur auf diplomatischem Parkett, sondern auch auf Amtsebene beschritten. Die Menschenrechte im Iran, die Sicherheit Israels und die internationalen Anti-Proliferationsbemühungen werden den deutschen Exportinteressen untergeordnet.“ [3]

Bei den STOP THE BOMB bekannten Iran-Geschäften der Hansa Group AG handelt es sich allesamt um Lieferungen für die Erschließung des South Pars-Gasfeldes, dem zentralen Projekt der iranischen Energiewirtschaft. Der Energiesektor ist von herausragender ökonomischer und politischer Bedeutung für das iranische Regime, er wird zu großen Teilen von den sanktionierten Revolutionsgarden kontrolliert und betrieben. Er steht deshalb im Zentrum der internationalen Sanktionsbemühungen. [4] Jegliche Lieferungen müssten, so lange sie noch nicht grundsätzlich untersagt sind, schärfster Kontrolle durch Spezialisten unterliegen. Das tatsächliche Verhalten des BAFA kommentiert Weckerle wie folgt:

 „Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hat monatelang Ausfuhrgenehmigungen für bekannte Projekte der iranischen Revolutionsgarden genehmigt und damit die internationalen Sanktionsbemühungen an zentraler Stelle unterlaufen. Wenn Dokumente und explizite Hinweise auf gefährliche und illegale Iran-Geschäfte ignoriert werden, kann nicht mehr von Inkompetenz gesprochen werden. Die deutsche Regierung steht in der Verantwortung, der Umgehung der internationalen Iran-Sanktionen mit einem kompletten Ausfuhrverbot für den Energiesektor und einem effektiven Kontrollsystem endlich ein Ende zu setzen. STOP THE BOMB fordert zudem die Entlassung des verantwortlichen BAFA-Präsidenten Dr. Arnold Wallraff sowie Ermittlungen gegen die Hansa Group AG und deren deutsche Geschäftspartner.“

[1] David Crawford, Sanctions Hit—and Miss—in German Trade With Iran, Wall Street Journal, 17.12.2011.

[2] Der Briefwechsel mit dem BAFA ist unten dokumentiert.

Die STOP THE BOMB zugespielten Dokumente können von interessierten Medienvertretern auf Anfrage und nach Ermessen eingesehen werden.

[3] Eine aktuelle Studie von Matthias Küntzel zeigt, wie Deutschland besonders die Sanktionierung der iranischen Zentralbank blockiert: http://www.matthiaskuentzel.de/contents/sanktionen-gegen-teheran-warum-zaudert-die-europaeische-union

[4] Für einen Überblick zur Rolle der iranischen Revolutionsgarden siehe die Studie Iran’s Energy Partners: http://www.defenddemocracy.org/media-hit/irans-energy-partners/

Bei den Geschäften geht es um Lieferungen für die Erschließung der Phasen 13, 15-16 und 22-24 des South Pars-Gasfeldes. 2010 hat das sanktionierte Revolutionsgarden-Firmenimperium Khatam al-Anbia die Entwicklung von SouthPars Phasen 15 und 16 an die Iran Shipbuilding & Offshore Industries Complex Co (ISOICO) abgegeben (http://www.payvand.com/news/11/mar/1019.html), einem Subunternehmen der staatlichen Industrial Development and Renovation Organization of Iran (IDRO) (http://www.iranwatch.org/suspect/records/Industrial-Development-and-Renovation.html), welche auf der EU-Sanktionsliste steht. Die Phasen 22-24 werden von Khatam al-Anbia entwickelt. (http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hO8-2zc6BnKaP-2LaqMckSMDa1dg)

 

Briefwechsel mit dem BAFA

STOP THE BOMB an BAFA, 8.8.2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 25.7.2011 auf meine Anfrage zum Thema Iran-Geschäfte vom 14.7.2011. Da Sie sich zur Frage iranischer Unternehmen nicht äußern konnten („keine abstrakten Rechtsfragen“), möchte ich Ihnen einige Dokumente zur vertraulichen Prüfung vorlegen. Im Anhang finden Sie eine Auswahl an Dokumenten, die der Kampagne „STOP THE BOMB – Keine Geschäft mit dem iranischen Regime“, für die ich als Sprecher tätig bin, zur Verfügung gestellt wurden. Nach bisheriger Prüfung und Einschätzung von meiner Seite ist die Quelle zuverlässig.

Folgendes finden Sie im Anhang als PDF-Dateien:

  • Dokumente über einen Auftrag zur Lieferung von Ventilen der Samson AG für das iranische SouthPars-Projekt zeigen die Verwicklung des sanktionierten iranischen Unternehmens Sepanir in das Geschäft. Des Weiteren ist aus den (teils in Farsi geschriebenen) Dokumenten ersichtlich, dass die Hansa Group AG die Salzgitter Mannesmann International GmbH als Vermittler abgelöst hat.
  • Visitenkarten und Kontaktinformationen von G.R. Goorkani zeigen, dass er im selben Tätigkeitsfeld, d.h. der Beschaffung von ausländischen Gütern für SouthPars, für Sepanir, PetroKish und die Hansa Group tätig war bzw. ist.
  • Visitenkarten von A.M. Ettehad zeigen, dass er für Sepanir und PetroKish tätig war bzw. ist.
  • Ein Schriftverkehr bezüglich eines Iran-Geschäftes der Minimax GmbH legt nahe, dass die Hansa Group als Zwischenhändler die Endabnehmer PetroKish bzw. Sepanir verschleiert. Zudem wird ersichtlich, dass BAFA-Mitarbeiter Herr Guretzka in einem Schreiben versehentlich über die Verwicklung des sanktionierten iranischen Unternehmens Sepanir erfahren hat.

Ich bitte Sie, zu folgenden Fragen Stellung zu beziehen: Welche Konsequenzen hatte die Erwähnung eines sanktionierten iranischen Unternehmens in einem Ausfuhr-Antrag an das BAFA? Welche Schritte hat die BAFA unternommen, um die Verwicklung von Sepanir in das Geschäft zu überprüfen? Wurde Minimax trotz Hinweis auf Sepanir eine Ausfuhrgenehmigung erteilt?

Zusammengefasst belegen die Dokumente, Echtheit vorausgesetzt, m.E. Folgendes:

  • Eine enge Verbindung zwischen Sepanir, PetroKish und dem SouthPars-Projekt.
  • Geschäftsbeziehungen zwischen der Hansa Group AG und Sepanir.
  • Die Tatsache, dass dem BAFA in Person von Herrn Guretzka Hinweise auf diese Verbindungen vorliegen.

In weiteren mir vorliegenden Dokumenten wird ersichtlich, dass die Hansa Group AG auch Iran-Geschäfte anderer deutscher Unternehmen für das SouthPars-Projekt vermittelt.

Mit Hinblick auf die angehängten Dokumente und oben formulierte Einschätzung fordere ich das BAFA auf:

  • Die Dokumente zu prüfen.
  • Bis zur Prüfung der Dokumente alle Iran-Geschäfte mit Beteiligung der Hansa Group AG und/oder PetroKish zu stoppen und intensiv zu prüfen.
  • Sämtliche Ausfuhranträge für das iranische SouthPars-Projekt wegen maßgeblicher Beteiligung sanktionierter iranischer Unternehmen zu stoppen.
  • Bei Echtheit der Dokumente juristische Schritte gegen die Hansa Group AG sowie deren deutsche Geschäftspartner einzuleiten, weil diese wissentlich Geschäfte unter Beteiligung sanktionierter iranischer Unternehmen, namentlich Sepanir, tätigen und die Behörden darüber zu täuschen versuchen. […]


Mit freundlichen Grüßen,
Jonathan Weckerle

 

 

Bafa an STOP THE BOMB, 11.8.2011

Sehr geehrter Herr Weckerle,

ich nehme Bezug auf Ihre Rückfrage vom 8. August betreffend Verbote bzw. Genehmigungspflichten für Ausfuhren in den Iran.

Haben Sie zunächst vielen Dank für die Übersendung der Unterlagen, die derzeit geprüft werden. Darüber hinaus bitte ich um Ihr Verständnis, dass über weitere behördeninterne Schritte keine Auskunft erteilt werden kann.

Was Ihre Nachfrage zu Anträgen konkreter Unternehmen zur Erteilung einer Exportgenehmigung angeht, hat gemäß § 30 Verwaltungsverfahrensgesetz jeder Antragsteller Anspruch darauf, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden. Schon die Frage, ob überhaupt ein Antrag gestellt wurde oder nicht, ist geheimhaltungsbedürftig. Ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden (vgl. § 203 Absatz 2 des Strafgesetzbuches). Angesichts dessen möchte ich Sie um Verständnis bitten, dass ich Ihnen die gewünschten Informationen nicht geben darf.

Erlangt schließlich das BAFA im Rahmen eines Antragsverfahrens Informationen zu sanktionierten iranischen Unternehmen, wird die Entscheidung über den in Frage stehenden Export unter Beachtung der einschlägigen Embargo-Verordnungen getroffen. Verstöße gegen Liefer- und Bereitstellungsverbote in Deutschland sind Straftaten und die Ermittlungsbehörden gehen jeglichen Hinweisen auf solche Verstöße nach.

Ich hoffe Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Christoph Witte
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Energie *

Presse

Channel 10 (Israel) - "Deutscher Handel mit Iran geht trotz Sanktionen weiter" (Video, 3.7.2012)

Deutsche Welle - Geschäfte im Schatten der Sanktionen (21.1.2012)

Handelsblatt - Die Iran-Connection (17.1.2012)

Jüdische Allgemeine - Bombengeschäft (5.1.2012)

Wall Street Journal - Sanctions Hit—and Miss—in German Trade With Iran (17.12.2011)