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Donnerstag, 19. Dezember 2024

Lindes Iran-Geschäft nach Aussagen des Vorstandes im Mai 2010

Auf Fragen von STOP THE BOMB Aktieninhabern gaben der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Reitzle und Vorstandsmitglied Dr.-Ing. Aldo Belloni (zuständig u.a. für den Mittleren Osten) bei der jährlichen Hauptversammlung von Linde am 4.5.2010 folgende Antworten:

Die Geschäfte mit dem Iran seien “stark rückläufig”, unter anderem weil Linde sich auf die “Erfüllung bestehender Verträge”, etwa durch Serviceleistungen und Ersatzteillieferungen beschränkt habe.

Der Umsatz mit iranischen Geschäftspartnern habe im Geschäftsjahr 2009 weniger als 40 Millionen Euro betragen.

Linde habe im Iran sowohl private wie auch staatliche Geschäftspartner. Die staatlichen Geschäftspartner stammen u.a. aus dem Bereich Petrochemie.

Linde habe auch im Jahr 2010 an der Iran Oil and Gas Show in Teheran mit einem Stand teilgenommen. Dabei ging es unter anderem um die Versorgung mit Ersatzteilen.

Der Vorstand bestätigte außerdem eine Meldung, dass Linde für einen “chinesischen Großkunden” eine Studie für ein LNG-Projekt (Liquified Natural Gas) im Iran durchgeführt hat. Das Expertenwissen von Linde hilft damit bei der Erschließung und Verarbeitung iranischer Gasvorkommen durch ein chinesisches Unternehmen.

Linde beschäftigt im Iran derzeit 10 Mitarbeiter.

Im Jahr 2009 wurden Iran-Geschäfte im Wert von 8,2 Millionen Euro durch deutsche Hermes-Bürgschaften abgesichert.

Die im letzten Jahr geäußerten Hoffnungen auf Präsident Obamas neue Iran-Politik seien enttäuscht worden, Obamas Initiative hätte “nichts gefruchtet” und die Situation hätte sich “eher noch verschärft”. Eventuelle neue UN-Sanktionen würde Linde “selbstverständlich mittragen”, und “mit Blick auf die gegenwärtige politische Entwicklung nehmen wir auch keine neuen Geschäfte mit dem Iran an”.

 

Lindes Iran-Geschäft nach Aussagen des Linde-Vorstandes im Mai 2009

Auf die Fragen von STOP THE BOMB Aktionären auf der Jahreshauptversammlung im Mai 2009 gaben der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Reitzle und Vorstandsmitglied Dr.-Ing. Aldo Belloni (zuständig u.a. für den Mittleren Osten) folgende Antworten: 

Die Umsatzzahlen im Iran liegen laut Angaben des Vorstands für 2007 bei 86 Mio., für 2008 bei 89 Mio. Euro. Einige Linde-Projekt sind über Hermes-Bürgschaften abgesichert, in einer Höhe von 16,5 Mio. Euro.

Mitarbeiter/innen im Iran: Es gibt ein Linde Gas Pars Büro in Teheran mit 12 Festangestellten und einem freien Mitarbeiter.

Geschäftspartner im Iran sind Firmen im Fahrzeugbau, Lebensmittelverarbeitung und im medizinischen Bereich. Partnerfirmen sind außerdem zwei Tochtergesellschaften des iranischen Ölministeriums und zwei Privatfirmen. Im Erdgasverflüssigungsprojekt ist die National Iranian Oil Company Geschäftspartnerin. Linde ist in diesem Projekt für Engineering-Leistungen, Lizenzabkommen und die Lieferung von Wärmetauschern zuständig. 

Zu der Meldung aus der Chemical Week zum Projekt Olefin 12 in Assaluyeh sagte der Vorstand, dass die Linde AG eine Projektstudie für eine Ethylenanlage für die NPC National Petrochemical Company erstellt habe.

Linde habe keine geschäftlichen Beziehungen zu den Märtyrer- oder Veteranenstiftungen. Von einem gemeinsamen Projekt mit den Revolutionsgarden Irans sei "nichts bekannt". Linde hätte nie vertragliche Beziehungen zu den Firmen Sahel oder Katham gehabt. Linde würde keine Gase aus dem Iran exportieren, habe keine Produktionsanlagen im Iran und sei nicht an der Förderung oder Verarbeitung von Erdöl oder sonstigen Rohstoffen im Iran beteiligt. Linde hätte auch keine Aufträge übernommen, die andere Firmen aus politischen Gründen abgelehnt haben.

Zu politischen und ethischen Fragen gab Prof. Reitzle ein allgemein gehaltenes Statement. Er bat um Verständnis dafür, dass er auf Themen wie den Holocaust nicht eingehe. Reitzle verwies auf die Wirtschaftssanktionen der UN und der EU und die Bestimmungen des Bundesamtes für Außenwirtschaft, an die sich die Linde Group halte. Es würden keine Geschäfte mit Unternehmen aus dem Verteidigungs- und Nuklearsektor im Iran getätigt; in den Iran würden nur zivile Güter und keine sog. dual use Technologien exportiert.

Kommentare zu den Wirtschaftssanktionen lehnten Reitzle und Belloni ab. Auf die Teilnahme an der Numov-Iran-Tagung angesprochen verwies Dr. Belloni darauf, dass Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder der Ehrenvorsitzende des Vereins sei. Angesprochen auf den ethischen Verhaltenskodex verwies Dr. Belloni auf die Sanktionsliste der Europäischen Union; man orientiere sich an dieser Liste in der Auswahl der Kundenbeziehungen. Auf die Selbstverpflichtung der Firma Linde, die Menschenrechte zu achten und fördern, ging der Vorstand nicht ein.

Während Dr. Belloni betonte, die Hauptversammlung sei nicht das richtige Forum für politische Auseinandersetzungen, gab Prof. Reitzle der Hoffnung Ausdruck, dass Obamas Videobotschaft zum iranischen Neujahrsfest ein Neubeginn in den Beziehungen zum Iran sein könnte. Durch einen neuen Dialogs könne eine politische Lösung des Konflikts erreicht werden. Dazu könnte die "Frieden stiftende Wirkung des Handels" (Reitzle bezog sich auf Carl Christian von Weizsäcker) einen Beitrag leisten.

 

 

Fragen zu Lindes Iran-Geschäft

Kritische Anteilseigner_innen der Linde AG werden bei der Jahreshauptversammlung am 15.5.2009 u.a. Auskunft zu folgenden Fragen verlangen:

  • An welchen Projekten arbeitet die Linde AG momentan im Iran? Welchen Wert haben diese Aufträge?

  • Gibt es Verträge über Gaslieferungen aus dem Iran? Wenn ja, in welcher Höhe?

  • Wie hoch war das Handelsvolumen der Linde AG mit dem Iran im Geschäftsjahr 2008 und im Geschäftsjahr 2007?
  • Wie viele Mitarbeiter_innen sind im Iran für die Linde AG und ihre Tochterfirmen tätig?

  • Wie viele Mitarbeiter_innen hat die Linde Gas Pars PJS Co. in Teheran?
    (Linde Gas Pars PJS Co., Im Mellat Tower, Vali Asr Ave., 19677 Teheran, Kontaktperson ist Schahin Sattari)

  • Werden Geschäfte der Linde AG im Iran mit Hermes Bürgschaften abgesichert? Wenn ja, in welcher Höhe?
  • Wer sind die Geschäftspartner der Linde AG im Iran? Handelt es sich bei diesen Partnerfirmen um staatliche Firmen?

  • Steht die Linde AG in geschäftlichen Beziehungen zu Firmen im Iran, die zu den Revolutionsgarden gehören?

  • Laut der Webseite des iranischen LNG-Projekts (LNG steht für Liquefied Natural Gas / Gasverflüssigung), ist die Linde AG in das Projekt zur Gasverflüssigung im Iran involviert. Der Iran braucht diese Technik für den Export von Gas. Welche Aufträge hat die Linde AG in diesem Projekt übernommen? Ist es richtig, wie der Projektleiter Ali Kheyrandish am 8.4.2008 auf der Projekt-Website mitteilte, dass die Linde AG im März 2008 einen Vertrag über die Verflüssigungs-Einheit unterzeichnet hat, also den wichtigsten Teil des LNG-Projekts?

  • Wie beurteilt der Vorstand der Linde AG die Tatsache, dass die Linde AG damit in einem Projekt gemeinsam mit den Revolutionsgarden beteiligt ist? Bis mindestens April 2008 war die Unternehmensgruppe "Khatem-ol-Anbiya Contruction" auf der Webseite des LNG Projekts genannt.

    Um den Hintergrund der Frage zu verstehen, möchten wir kurz auf folgendes hinweisen. Zu der Unternehmensgruppe heißt es im Beschluss 2008/475/EG des Europarates vom 24.6.2008, dass sie im "Besitz des Korps der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC)" sei. Khatem-ol-Anbiya unterstütze Irans Nuklearprogramm und das ballistische Raketenprogramm. Die deutsche Industrie- und Handelskammer hat in einer Erläuterung Europarat-Beschlusses deutsche Firmen folgendermaßen informiert: „Bei dem Beschluss 2008/475/EG handelt es sich um ein umfassendes wirtschaftliches Kontaktverbot, vergleichbar den Antiterrorlisten. Sämtliche Zahlungen oder das ‚Zurverfügungstellen wirtschaftlicher Ressourcen’ ist damit verboten. Seit Februar 2007 sind Gelder und Guthaben der Personen und Organisationen in Deutschland eingefroren. […] Sämtliche unterstützenden Dienstleistungen und Schulungen in diesem Bereich sind ebenfalls verboten.“ Wieso hat die Linde AG dann noch im Jahr 2008 in einem gemeinsamen Projekt mit Khatem-ol-Anbiya gearbeitet?
  • Dieselbe Frage stellt sich für die Firma Sahel Consultant Engineering, die auch jetzt noch auf der Webseite des LNG Projekts genannt ist. Diese Firma steht – wie die Khatem-ol-Anbiya – auf der US Terrorliste; in den USA sind ihre Guthaben eingefroren und Geschäftsaktionen verboten durch die Executive Order 13 382, die gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen gerichtet ist.
  • Das Fachmagazin Chemical Week hat am 30.6.2008 über ein neues Linde-Projekt im Iran berichtet, danach soll Linde von der staatlich-iranischen National Petrochemical Company beauftragt worden sein, Vorarbeiten und Prüfungen am petrochemischen Olefin complex „Olefin 12“ in Assaluyeh vorzunehmen. Um was für ein Projekt handelt es sich dabei? Hat Linde schon einen Vertrag unterzeichnet oder steht eine Vertragsunterzeichnung bevor? Ist es richtig, dass der Partner im Iran ein staatliches Unternehmen ist?
  • Mit der Lieferung von Technologie und Know-how im Bereich der Gasverflüssigung unterstützt die Linde AG den Iran im Energiesektor, dem Sektor, der die Basis der Einnahmen des Regimes bildet. Diese Einnahmen erhalten das Regime an der Macht und machen es unempfindlich gegen die Unzufriedenheit der Bevölkerung, die unter Misswirtschaft und Arbeitslosigkeit, der Missachtung elementarer Menschenrechte, der Folterung und Ermordung von Gewerkschaftern und Regimegegner leidet.

    Der Vorstand der Linde AG hat im Juni 2007 einen Verhaltenskodex beschlossen, der für alle Hierarchieebenen bis hin zum Vorstand bindend ist. Darin heißt es unter Prinzip 1: "Unternehmen sollen den Schutz der internationalen Menschenrechte innerhalb ihres Einflussbereichs unterstützen und achten" und unter Prinzip 2, das Unternehmen solle "sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen."

    Wir fragen den Vorstand und die Geschäftsführung der Linde AG: Wie sind gemeinsame Projekte mit den Revolutionsgarden und Geschäfte im Energiebereich des Iran, der für den Erhalt des terroristischen Regimes so zentral ist, mit diesem Verhaltenskodex in Einklang zu bringen?

  • Können Sie es als Vorstand einer deutschen Firma ethisch vertreten, mit einem Regime Geschäfte zu treiben, das den Holocaust leugnet und mehrfach damit gedroht hat, Israel von der Landkarte zu tilgen?

  • Ist die Linde AG oder eine Tochterfirma der Linde AG in Projekte im Iran eingestiegen, die andere europäische Firmen aus politischen Gründen, um Druck auf den Iran auszuüben, verlassen hat – beispielsweise an Stelle der französischen Firma Total eingestiegen?

  • In den USA wird ein Gesetz debattiert, das Geschäfte mit Firmen sanktionieren soll, die mit dem Iran Geschäfte machen und in Irans Energiesektor investieren. Ist es vertretbar, den Linde-Aktionären das Risiko zuzumuten, Schwierigkeiten mit dem US-Geschäft zu bekommen, weil der Handel mit dem Iran nicht eingestellt werden soll, der vom Geschäftsvolumen her ungleich kleiner ist?



Überblick: Die Linde-Gruppe im Iran (April 2009)

Stand: April 2009

Im Finanzbericht 2008 der Linde-Gruppe heißt es: „The Linde Group ist ein weltweit führendes Gase- und Engineeringunternehmen, das mit annähernd 52.000 Mitarbeitern in rund 100 Ländern vertreten ist und im Geschäftsjahr 2008 einen Umsatz von 12,663 Mrd. EUR erzielt hat.“[1]

Im Kurzprofil heißt es: „Linde handelt verantwortlich gegenüber Aktionären, Geschäftspartnern, Mitarbeitern, der Gesellschaft und Umwelt – weltweit, in jedem Geschäftsbereich, jeder Region und an jedem Standort.“[2]

Die Linde-Gruppe liefert seit Jahren wichtige Infrastruktur für den Energiesektor in die Islamische Republik Iran. Der Energiesektor, die Förderung und Verarbeitung von Öl und Gas, ist die zentrale Machtbasis und Einnahmequelle des iranischen Regimes.

Am 6.9.2000 berichtete das Handelsblatt beispielsweise: „Die Linde AG baut im Iran voraussichtlich die weltgrößte Erdgaszerlegungsanlage im Wert von rund 180 Mill. Euro. Wie das Unternehmen heute mitteilte, wurde ein entsprechender Vertrag in Teheran zwischen der National Petrochemical Company und Linde unterzeichnet. […] Bereits im Juli 2000 hatte Linde einen Auftrag in Höhe von 350 Mill. Euro zum Bau einer Olefinanlage im Iran erhalten.“[3]

Im Juli 2005 erhielt Linde schließlich von der staatlichen Iranian National Petrochemical Company (NPC) einen Auftrag im Wert von 400 Millionen Euro für den Bau von zwei Ethylenanlagen.[4] Linde beansprucht „Technologieführerschaft in diesem anspruchsvollen Segment“.[5] Im April 2006 wurde das Geschäft jedoch von iranischer Seite storniert.[6]

In offiziellen Quellen von Linde ist danach kaum noch etwas zum Thema Iran zu lesen. Im Linde Finanzbericht 2008 und im Linde Annual 2008 werden Iran-Geschäfte mit keinem Wort erwähnt.[7] Dabei gibt es gerade für das Jahr 2008 zahlreiche Hinweise auf Aktivitäten im Iran.

So ist die Linde AG in mehreren Bereichen des Iran LNG Projektes aktiv, einem Gasverflüssigungsprojekt im Südwesten des Irans, am größten Gasfeld der Welt South Pars.[8] Laut Projektleiter Ali Kheyrandish – der in Bezug auf das LNG Projekt von „Gefolgsleuten des Imam Khomeinei“ spricht[9] - hat Linde den Vertrag über die Errichtung der „Liquefication-Unit“ unterzeichnet, des „last and most essential part of the project“.[10] Dabei kommt auch die von Linde patentierte Mixed Fluid Cascade Process-Technologie (MFC) zum Einsatz.[11]

LNG steht für Liquefied Natural Gas. Die Technologie ermöglicht es, Gas auf einen Bruchteil des Volumens zu verkleinern und so rentabel transportfähig zu machen. Dadurch sinkt die Abhängigkeit von Pipelines, das Gas könnte leichter an Abnehmer in aller Welt geliefert werden, der Umsatz würde steigen und die Anfälligkeit für wirtschaftliche Sanktionen abnehmen.[12] Es ist derzeit nicht klar, ob Linde bereits mit den Arbeiten an dem Projekt begonnen hat, denn am 25.3.2009 war in einem Bericht über Iran LNG zu lesen: „Germany's Linde has been chosen as the technology supplier, but will not go ahead in the current geopolitical climate.“[13]

Ebenfalls am LNG-Projekt beteiligt sind Unternehmen, die den iranischen Revolutionsgarden zugehören. Die iranischen Revolutionsgarden sind keine rein militärische Organisation, sondern sie sind im Besitz von bis zu 70% der iranischen Industrie. Besonders in Schlüsselbereichen wie dem Energiesektor ist es kaum möglich, Geschäfte zu machen, ohne direkt oder indirekt mit den Revolutionsgarden zusammenzuarbeiten. Die Revolutionsgarden sind der sowohl ideologische wie organisatorische Kern des iranischen Regimes, gerade in den letzten Jahren konnten Sie ihren Machtbereich massiv ausweiten.[14]

Bis mindestens April 2008 war die Khatem-ol Anbiya Construction Organisation auf der Iran-LNG-Website aufgelistet.[15] Zur Khatem-ol Anbiya Construction Organisation heißt es im Beschluss 2008/475/EG des Europarates vom 24.6.2008: „Unternehmensgruppe im Besitz des Korps der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC). Nutzt korpseigene ingenieurtechnische Baukapazitäten; tritt als Generalauftragnehmer für größere Vorhaben wie den Bau von Tunneln auf. Unterstützt Erkenntnissen zufolge Irans Nuklearprogramm und das ballistische Raketenprogramm.“[16] Die IHK erläutert dazu „Bei dem Beschluß 2008/475/EG handelt es sich um ein umfassendes wirtschaftliches Kontaktverbot, vergleichbar den Antiterrorlisten. Sämtliche Zahlungen oder das ‚Zurverfügungstellen wirtschaftlicher Ressourcen’ ist damit verboten. Seit Februar 2007 sind Gelder und Guthaben der Personen und Organisationen in Deutschland eingefroren. […] Sämtliche unterstützenden Dienstleistungen und Schulungen in diesem Bereich sind ebenfalls verboten.“[17]

Der Name Khatem-ol Anbiya Construction Organisation ist inzwischen durch Sahel Consultant Engineering ersetzt [18], ein Unternehmen, das ebenso wie Khatem-ol Anbiya auf der US-Terrorliste [19] steht: “According to the U.S. Department of the Treasury, owned or controlled by the Islamic Revolutionary Guard Corps (IRGC) and its leaders; added to the Specially Designated National (SDN) list maintained by the U.S. Department of the Treasury's Office of Foreign Assets Control (OFAC) on October 25, 2007, freezing its assets under U.S. jurisdiction and prohibiting transactions with U.S. parties, pursuant to Executive Order 13382, which targets proliferators of weapons of mass destruction (WMD) and their delivery systems; managing director is reportedly Shokouh Abdi-Mehrdad.”[20]

Am 12.6.2008 erscheint im Dow Jones Newswire ein Interview mit Gholam Hossein Nejabat, dem Präsidenten und Vize-Vorstand der staatlichen Iranian National Petrochemical Company (NPC), in dem er sagt „Wir erhalten Technologie von Unternehmen wie der […] Linde AG (LIN.XE)“.[21] Brisant ist der politische Kontext, der im Interview klar benannt wird: Die Islamische Republik Iran will zum führenden petrochemischen Produzenten in der Region aufsteigen und durch massive Investitionen seine Produktion bis 2014 fast verdoppeln. Zusammen mit dem drohenden Aufstieg zur Atommacht könnte so ein gewaltiger Machtzuwachs des iranischen Regimes in wenigen Jahren erfolgen. Weiter sagt der NPC-Präsident: „Bislang haben die Begrenzungen durch Sanktionen sich nicht auf unsere Finanzierung und Geschäftsabschlüsse ausgewirkt.“

Das Fachmagazin Chemical Week berichtet am 30.6.2008 über Vorarbeiten für ein neues Linde-Projekt im Iran: „National Petrochemical Co. (NPC; Tehran) has appointed Linde to carry out preliminary engineering work on the planned Persian Gulf Petrochemical olefins complex at Assaluyeh, Iran, CW has learned. Linde will prepare cost estimates for the complex, also known as Olefins 12, which will be based on very heavy feedstock, J. Ebrahimpour, director of projects at NPC, tells CW.”[22]

Laut einer Pressemitteilung des US-Justizministeriums vom 17.7.2008 wurde die Cryostar SAS wegen Mittlertätigkeit in einem illegalen Irangeschäft zu 500.000 $ und zweijähriger Bewährungszeit verurteilt.[23] Cryostar SAS ist laut Linde Finanzbericht 2008 eine hundertprozentige Tochterfirma der Linde-Gruppe.[24]

Wie schon 2008 [25] nahm die Linde AG am 22.-25. April 2009 an der großen Industriemesse „Iran Oil & Gas Show“ in Teheran teil.[26]

Am 27.4.2009 berichtete die iranische Nachrichtenagentur Farsnews, dass Linde zu den deutschen Firmen gehört, die an „bedeutenden iranischen Infrastrukturprojekten“ beteiligt sind, besonders im „petrochemischen Sektor“.[27]

Linde-Sprecher Uwe Wolfinger hat laut der Jerusalem Post vom 29.4.2009 bestätigt, dass Linde im „petrochemischen Sektor“ im Iran aktiv ist. Laut demselben Artikel hat Pressesprecherin Dania Kreibich die Teilnahme von Linde an einem deutsch-iranischen Wirtschaftstreffen des Nah- und MittelOst-Vereins (NUMOV) bestätigt, bei dem es um den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen, besonders im Energiesektor, ging.[28]

Anmerkungen:


[8] Linde-Technologie soll für „Liquefaction, Refrigeration, Fractionation, Nitrogen Rejection and Nitrogen Purification“ eingesetzt werden.
[12] Projektleiter Ali Kheyrandish erklärt die Bedeutung der LNG-Technik wie folgt: “The ILC [Iranian LNG Company] PROJECT has the aim of liquefying natural gas in order to export 2  billion cubic feet out of 3 billion cubic feet produced sour gas per day from south pars phase12.  Regarding to liquefaction, we should mention that the natural gas has an expensive and considerable transportation cost comparing with the total production cost. By liquefying the gas volume is reduced up to 600 times, which means that the transportation cost will tremendously lower. Since the transportation plays a key role in the price of gas, it results in a considerable additional cost for it. Formerly, there were not any criteria for considering the transportation value for the international gas price; therefore the price in various parts of the world was quite different. Any how, liquefaction does not seem to be reasonable for distances between the source and destination is less than 2000 miles, but when the distance exceeds 2000 miles it is more economic the use of liquefaction rather than investing on pipelines.  That is why, ILC have decided to produce for targeting markets in the distance of more than 2000 miles away, like Far East countries such as the eastern coast of China, Korea, Taiwan, Japan, European or American countries.”
[14] Hier allgemeine Informationen zu den Revolutionsgarden (PDF), hier zu ihrer dominanten Rolle in der iranischen Ökonomie.
[15] PDF-Screenshot vom 28.4.2008.
[19] Zur Übersicht siehe Fact Sheet: Designation of Iranian Entities and Individuals for Proliferation Activities and Support for Terrorism.

 

STOP THE BOMB Presseerklärung

Bundesregierung unterstützt Iran-Geschäft der Linde AG mit Hermes Bürgschaften

Berlin, 17. Mai 2009

Die Linde AG ist weiter im iranischen Energiesektor aktiv und wird dabei durch deutsche Hermes-Bürgschaften unterstützt. Dies war die Antwort des Linde-Vorstands auf Fragen kritischer Aktionäre auf der diesjährigen Hauptversammlung am 15. Mai. Mitglieder des Bündnisses STOP THE BOMB, das für effektive Sanktionen gegen das iranische Regime eintritt, hatten vor dem Internationalen Congress Center in München protestiert.

Linde Vorstandsmitglied Dr. Belloni bestätigte, dass der Konzern am staatlichen Erdgasverflüssigungsprojekt mit der National Iranian Oil Company beteiligt ist. In 2008 habe der Umsatz im Iran-Geschäft 91 Mio. Euro betragen. Zudem bemüht sich die Linde AG um weitere Projekte in Irans Energiesektor: Eine Projektstudie für eine Ehtylenanlage ist in der Prüfungsphase bei der staatlichen NPC (National Petrochemical Company).

Obwohl Vorstandsmitglied Belloni behauptete, dass Linde nicht mit den iranischen Revolutionsgarden zusammenarbeite, werden auf der Webseite des Iran LNG Projekts jedoch sowohl die Linde AG als auch die Sahel Consulting (Rah Sahel), die zu den Revolutionsgarden gehört und auf der US Terrorliste steht, als Projektpartner genannt. Die Revolutionsgarden bilden den ideologischen und organisatorischen Kern des islamischen Regimes und tragen das Nuklear- und Raketenprogramm. Da die iranischen Revolutionsgarden im Besitz von bis zu 70% der iranischen Industrie sind, ist es besonders im Energiesektor kaum möglich, Geschäfte zu machen, ohne direkt oder indirekt mit den Revolutionsgarden zusammenzuarbeiten.

Auch im Jahr 2008 wurden Linde Projekte im Iran laut Vorstand noch mit Hermes-Bürgschaften in Höhe von 16,5 Mio. Euro abgesichert. "Diese Politik der Bundesregierung ist unglaubwürdig und skandalös", so Ulrike Becker von STOP THE BOMB. Während die deutsche Regierung von den Firmen immer wieder Zurückhaltung im Iran-Geschäft fordert und sich Angela Merkel 2008 vor dem israelischen Parlament für "weitere und schärfere Sanktionen" gegen den Iran aussprach, unterstützt sie gleichzeitig durch die Hermes-Absicherung Geschäfte im iranischen Energiesektor, die direkt dem iranischen Regierungsapparat zugute kommen. "Die riesigen Einnahmen im Gas- und Ölgeschäft bilden die Einkommensbasis der islamischen Republik Iran, ohne die sich die diktatorische religiöse Führung nicht halten könnte", so Ulrike Becker weiter. STOP THE BOMB fordert deshalb von der Bundesregierung klare gesetzliche Regelungen, die alle Geschäfte in Irans Rüstungs- oder Energiesektor verbieten.

 

Süddeutsche Zeitung über STB-Aktion bei der Linde-Jahreshauptversammlung

Süddeutsche Zeitung, 16.5.2009, Seite 28, Wirtschaftsteil (Auszug):

Unbequeme Fragen
Linde-Aktionäre verlangen Aufklärung über Iran-Geschäfte

München – Wenn sich der Vorstand der Linde AG einmal im Jahr seinen Aktionären stellt, geht es meist recht gemütlich zu. Eine Handvoll Kleinanleger stellt wenige, aber höflich formulierte Fragen. Konzernvorstand Wolfgang Reitzle und Aufsichtsratschef Manfred Schneider geben Auskunft. Nach zwei oder drei Stunden ist alles vorbei. Der Vorstand wird für seine Arbeit gelobt und alle gehen zufrieden ihrer Wege. Auch an diesem Freitag ähnelte das Drehbuch der Hauptversammlung dem der Vorjahre: Doch zumindest in einem Punkt fielen die Fragen nicht ganz so harmlos aus.

In der Kritik standen vor allem die Geschäfte, die der weltweit größte Industriegasehersteller und Anlagenbauer mit Iran betreibt, und die den Angaben zufolge 90 Millionen Euro zum Gesamtumsatzes von Linde (2008: 12,7 Milliarden Euro) beitragen. Iran steht im Verdacht, an einem eigenen Atomwaffenprogramm zu arbeiten und hat Israel bereits mehrfach mit Vernichtung gedroht. Zwei Aktionäre forderten detailliert Auskunft, ob das Unternehmen in die militärischen Machenschaften Irans verwickelt sei oder gegen Sanktionen verstoße, die von der UN und der EU verhängt wurden. Reitzle wies beides entschieden zurück. „Wir exportieren keine Technologien, die sowohl zivil als auch militärisch eingesetzt werden können“, betonte er. (...)