Mal wieder eine Reise in den Iran
Jungle World
باز هم سفر دیگری به ایران
Gastbeitrag von Stephan Grigat
In der EU hat man sich hinsichtlich des Verhaltens gegenüber dem iranischen Regime offensichtlich für ein klassisches Einerseits-Andererseits entschieden. Zum einen wurden Mitte Oktober weitere Sanktionen beschlossen, die insbesondere mit dem Verbot des Imports iranischen Erdgases in die richtige Richtung weisen, auch wenn sie alleine das Regime wohl kaum daran hindern werden, sein Nuklearwaffenprogramm und die brutale Unterdrückung der Opposition fortzusetzen. Zum anderen lässt man es aber zu, dass die Ajatollahs ihre Propaganda mitten in der EU verbreiten können und plant, die Machthaber in Teheran ausgerechnet in der jetzigen Situation auch noch mit einer Visite der Iran-Delegation des EU-Parlaments zu hofieren.
Auf der Buchmesse in Frankfurt konnte sich das Holocaustleugnerregime letzte Woche mit Ständen regimetreuer Verlage und durch die iranische Botschaft präsentieren. Wie nun durch einen Report des Direktors des Simon-Wiesenthal Centers, Shimon Samuels, bekannt wurde, war auch erstmals „Defa Moquaddassah Publishers“ vertreten, der Verlag für „heilige Verteidigung“, der in Frankfurt offen antiisraelische Bücher anbot wie die englische Fassung von „Palästina und das zionistische Regime aus der Sicht des Obersten Geistlichen Führers“, also aus der Sicht von Ali Khamenei, der erst vor kurzem seine Perspektive auf Israel nochmals ganz unmissverständlich kundgetan hatte: Israel sei ein „Krebsgeschwür, das herausgeschnitten werden muss und herausgeschnitten werden wird.“
Vom 27. Oktober bis 3. November ist nun eine Reise von EU-Abgeordneten zu eben diesem Regime geplant. Mit von der Partie ist unter anderem Josef Weidenholzer von den österreichischen Sozialdemokraten, der sich gegenüber dem Regime für genau jenen „Dialog“ einsetzt, den die Machthaber in Teheran seit Jahren verlangen, weil er ihnen immer mehr Zeit verschafft, weiter an ihrer Bombe zu basteln. Ebenfalls mit dabei ist Cornelia Ernst von der LINKEN, Vizevorsitzende der „Delegation für die Beziehungen zum Iran“ des EU-Parlaments. Im Gegensatz zu ihren Kollegen spricht sie die Intention dieser Reise in einem Interview mit dem Neuen Deutschland in aller Klarheit aus: ND: „Die Sanktionspolitik gegenüber Teheran, die auch von der EU mitgetragen wird, wird damit bewusst konterkariert?” Antwort Ernst: „Ja, und das ist auch richtig so.“
Man kommt sich heute schon albern vor, immer wieder betonen zu müssen, dass solche Reisen ein völlig falsches Signal hinsichtlich des iranischen Atomprogramms setzen und selbstverständlich der Opposition im Iran und im Exil in den Rücken fallen. In einer Situation, da das iranische Regime unbeirrt an seiner nuklearen Aufrüstung festhält, mit brutaler Gewalt gegen jede oppositionelle Regung im eigenen Land vorgeht und sich unmittelbar an der Niederschlagung der Proteste in Syrien beteiligt, muss solch ein Besuch dem mittlerweile weitgehend isolierten Machthabern in Teheran wie ein Geschenk vorkommen. Schon in der Vergangenheit wurden solche Visiten von der regimetreuen Presse stets als großartige Propagandaerfolge bejubelt, die beweisen würden, dass Teheran mit seiner Politik unbeirrt fortfahren könne. Das wird diesmal nicht anders sein und man kann nur hoffen, dass diese Reise von der „Konferenz der Präsidenten“ des EU-Parlaments, die solche Visiten genehmigen muss, noch untersagt wird.
Die Kritik an dieser Reise zieht jedenfalls immer weitere Kreise. Den Anfang machten ein Beitrag in der Huffington Post und eine Presseerklärung des Bündnisses STOP THE BOMB. Das American Jewish Committee hat darauf verwiesen, dass die Delegation plant, sich in Teheran auch mit von der EU sanktionierten Regimevertretern wie Justizchef Sadegh Larijani zu treffen. Mittlerweile haben mehrere EU-Abgeordnete die Reisepläne scharf kritisiert, darunter auch der polnische Konservative Zalewski, der noch bis vor wenigen Tagen auf der Teilnehmer-Liste der Iran-Reise angeführt wurde. Bisher hat die Konferenz der Präsidenten des EU-Parlaments kaum auf die massive Kritik reagiert. Das könnte sich nun allerdings ändern: denn mittlerweile liegt auch ein Brief von zwei demokratischen US-Senatoren vor, die recht deutliche Worte für ihre europäischen Parlamentskollegen finden und unmissverständlich eine Absage der Reise fordern.