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Sonntag, 17. November 2024

Erfolgreicher Protest: Kaminabend mit iranischem Botschafter und Abgeordneten ist abgesagt worden

Erfolgreicher Protest! Am 30. Mai meldete sich der Pressesprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei STOP THE BOMB und erklärte, die Einladung zum Kaminabend sei mit Volker Kauder nicht abgestimmt; Herr Kauder werde die Veranstaltung nicht besuchen. Nachdem sich auch andere Abgeordnete von der Einladung distanzierten, wurde der Kaminabend mit dem iranischen Botschafter ganz abgesagt.

STOP THE BOMB bedankt sich bei allen, die die Proteste unterstützt haben!

Berichte über die Absage mit Stellungnahmen der Politiker finden sich in der BILD sowie auf dem Blog der Jungle World



Offener Brief an Abgeordnete des Bundestages von STOP THE BOMB

Berlin, 28.5.2014

Sehr geehrte Abgeordnete des Bundestages,*

Hiermit protestieren wir gegen die Hofierung des iranischen Botschafters Alireza Sheikh Attar durch Abgeordnete des deutschen Bundestages.

Sie laden im Namen der gemeinnützigen „Stiftung für Grundwerte und Völkerverständigung“ für den 4. Juni 2014 zum „Kaminabend mit Ehrengast“ in die Parlamentarische Gesellschaft am Bundestag ein.

Ihr „Ehrengast“ ist Sheikh Attar, der Botschafter der Islamischen Republik Iran, der laut Angaben von Oppositionellen persönlich an Massakern in Kurdistan-Iran beteiligt war. Attar ist im Übrigen ein persönlicher Vertrauter des ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad, und wurde in dessen Amtszeit 2008 zum Botschafter in Deutschland ernannt. [1]

Das Grußwort soll von Markus Potzel, Leiter des Mittelost Referats des Auswärtigen Amtes gesprochen werden. Thema ist laut Einladungstext die angebliche „Einigung“ bei den Gesprächen über das iranische „Atomenergieprogramm“. Deutschland und Iran hätten eine „lange gemeinsame Geschichte guter Beziehungen, die eine weitere Vertiefung erfahren könnten.“

Dieser Einladungstext ist eine Verdrehung der Realität, denn von einer „Einigung“ mit den Machthabern in Teheran kann keine Rede sein. Die Bezeichnung des international sanktionierten Atomwaffenprogramms als „Atomenergieprogramm“ könnte einem Propagandadrehbuch der Islamischen Republik entlehnt sein.

Laut Vereinssatzung setzen Sie sich für „Völkerverständigung“ und „Hilfe für Arme, Benachteiligte und Gefährdete, Hungernde und Flüchtlinge“ ein. Die dramatische Lage der Menschenrechte im Iran wird im Einladungstext aber nicht einmal pro forma erwähnt.

Sicherlich wissen Sie selbst, dass die Hinrichtungszahlen unter dem neuen Präsidenten Rohani im Iran dramatisch angestiegen sind. [2]  Man kann im Iran heute wegen eines harmlosen Musikvideos verhaftet [3] oder wegen eines Gedichts hingerichtet werden [4]. Besonders brutal werden neben den Frauen im Iran die ethnischen und religiösen Minderheiten verfolgt, so zum Beispiel der amerikanisch-iranische Pastor Saeed Abedini [5]. Angehörige der Bahai-Religion berichten, dass die iranischen Revolutionsgarden zur Zeit den Friedhof von Shiraz zerstören, auf dem unter anderem jene Bahai begraben sind, die in den 80er Jahren als ‚zionistische Spione‘  hingerichtet wurden. Der einzige Grund für ihre Hinrichtung war, dass sie der den islamistischen Herrschern im Iran verhassten Religion angehörten. [6]

Auf der Webseite der „Stiftung für Grundwerte und Völkerverständigung“ konnten wir keinen Hinweis auf die geplante oder eine vergangene Iran-Veranstaltung finden.

Sehr wohl aber berichtete die Botschaft der Islamischen Republik auf ihrer Webseite ausführlich über eine Veranstaltung mit Ihrer Stiftung im letzten Jahr, den sie als Propagandaerfolg verbuchen konnte.

Dort heißt es zum Beispiel in klassisch verschwörungstheoretischer und antisemitischer Manier, dass das Treffen eine Gelegenheit für die Islamische Republik gewesen sei, „haltlosen Nachrichten der westlichen Medien“ entgegenzutreten, die „vom Imperialismus und Zionismus" gesteuert seien. Weiter wird die dreiste Lüge verbreitet, es sei „niemand in Iran verurteilt worden, weil er Bahai oder Anhänger der anderen offiziellen Religionen“ sei. Die Bahai werden als Feinde markiert und als „eine politische Partei, die von der britischen Regierung in Iran gegründet und später auch von der amerikanischen Regierung unterstützt wurde“ bezeichnet. [7]

Mit einem solchen Treffen bieten Sie als demokratisch gewählte Abgeordnete den Funktionären der Diktatur im Iran zum wiederholten Male eine Propagandaplattform für ihre Unterdrückungspolitik, die Rechtfertigung der Verfolgung von Andersdenkenden und Minderheiten und ihren Antisemitismus.  

STOP THE BOMB fordert die Absage der Veranstaltung und fordert alle Abgeordneten auf, sich von dieser Einladung öffentlich zu distanzieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Ulrike Becker, Sprecherin STOP THE BOMB Kampagne

 

* Auf der Einladung sind die Namen folgender Bundestagsabgeordneter vermerkt: Volkmar Klein, Dietmar Nietan, Friedrich Ostendorff, Steffen Bilger, Klaus Brähmig, Siegmund Ehrmann, Karin Evers-Meyer, Hans-Joachim Fuchtel, Frank Heinrich, Anette Hübinger, Dr. Franz Josef Jung, Josip Juratovic, Volker Kauder, Hartmut Koschyk, Andrea Nahles, Thomas Rachel, Karl Schiewerling, Christian Schmidt, Johannes Selle, Johannes Singhammer, Jörn Wunderlich.

 

[1] http://jungle-world.com/artikel/2009/23/35188.html

[2] http://www.iranhrdc.org/english/publications/1000000225-ihrdc-chart-of-executions-by-the-islamic-republic-of-iran-2013.html und http://www.iranhrdc.org/english/publications/1000000425-ihrdc-chart-of-executions-by-the-islamic-republic-of-iran-2014.html

[3] https://www.youtube.com/watch?v=mJ6X8AD5Chc

[4] http://www.thedailybeast.com/articles/2014/02/11/the-poet-iran-executed.html

[5] http://www.nydailynews.com/news/world/saeed-abedini-yanked-hospital-beaten-back-prison-report-article-1.1801087

[6] http://news.bahai.org/story/993 und http://www.thestar.com/opinion/commentary/2014/05/12/iranian_regime_still_fears_girl_hanged_30_years_ago.html
[7] http://www.iranembassy.de/de/wichtige-themen/765-teilnahme-des-vorsitzenden-des-haushaltsausschusses-und-der-abgeordneten-der-religi%C3%B6sen-minderheiten-im-iranischen-parlament-an-der-bundestagskonferenz-%C3%BCber-verst%C3%A4ndigung-und-werte

 

 

Pressemeldung: Andrea Nahles und Volker Kauder auf Tuchfühlung mit dem Terror

Kampagne STOP THE BOMB kritisiert Kaminabend mit iranischem Botschafter und Einladungsoffensive des Auswärtigen Amtes

Pressemeldung, 30.5.2014

Am Mittwoch, den 4. Juni 2014 laden hochrangige Mitglieder des Bundestages im Namen der „Stiftung für Grundwerte und Völkerverständigung“ den iranischen Botschafter Alireza Sheikh Attar zu einem Kamingespräch in die „Parlamentarische Gesellschaft“ gegenüber dem Reichstagsgebäude in Berlin. Andrea Nahles findet sich ebenso unter den Einladern wie Volker Kauder und 19 weitere Abgeordnete.

Der als Ehrengast angekündigte Botschafter Irans, Sheikh Attar, war laut Angaben von Oppositionellen persönlich an Massakern in Kurdistan-Iran beteiligt.

Das Auswärtige Amt unterstützt die Veranstaltung durch ein Grußwort des Leiters der Mittelostabteilung, Markus Potzel.

Der Einladungstext nennt das Ziel der Vertiefung der deutsch-iranischen Beziehungen auf Basis einer angeblich bereits erfolgten „Einigung“ im Konflikt über das iranische „Atomenergieprogramm“.

STOP THE BOMB Sprecherin Ulrike Becker kommentiert: „Die einladenden Abgeordneten und das Auswärtige Amt suggerieren, es gebe keine Bedrohung durch ein iranisches Atomwaffenprogramm mehr. Dies ist eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit und des Parlaments. Wir kritisieren außerdem, dass das Auswärtige Amt wiederholt an der Einladung des iranischen Botschafters beteiligt ist. Offenbar wird dort fieberhaft an der Intensivierung der deutsch-iranischen Beziehungen gearbeitet. Während die Hinrichtungszahlen unter Rohani dramatisch angestiegen sind, der Terror der iranischen Revolutionsgarden in Syrien andauert und die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm feststecken, bereiten Auswärtiges Amt und Parlamentarier neue Geschäfte und die Normalisierung der Beziehungen vor.“

In einem offenen Brief an die einladenden Abgeordneten fordert die Kampagne STOP THE BOMB die Absage der Veranstaltung. Dort heißt es: „Mit einem solchen Treffen bieten Sie als demokratisch gewählte Abgeordnete den Funktionären der Diktatur im Iran zum wiederholten Male eine Propagandaplattform für ihre Unterdrückungspolitik, die Rechtfertigung der Verfolgung von Andersdenkenden und Minderheiten und ihren Antisemitismus.“

Einladung

 

Presse

Focus Online: Andrea Nahles und Volker Kauder auf Tuchfühlung mit dem Terror (30.5.2014)

Jungle Blog: Bundestagsabgeordnete präsentieren iranischen Botschafter als "Ehrengast" (29.5.2014)

Hagalil: Völkerverständigung mit Islamisten (30.5.2014)

BILD: Peinlich - Eklat um iranischen Botschafter. Einladung nach Protesten abgesagt (30.5.2014)

Jungle Blog: Abgeordnete laden Botschafter nach Protesten aus (30.5.2014)