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Dienstag, 19. März 2024

Presseerklärung: Rudolf Dressler kritisiert Iran-Treffen des Nah- und MittelOst-Vereins

Kampagne STOP THE BOMB kündigt Protestkundgebung an

STOP THE BOMB, 4.5.2009

Der Nah- und MittelOst-Verein (NUMOV) - die 1934 gegründete zentrale Förderorganisation für den deutschen Handel in die Region - veranstaltet am 5.5.2009 das zweite große Forum zur Förderung des deutsch-iranischen Handels innerhalb kürzester Zeit. Rudolf Dressler (SPD), ehemaliger deutscher Botschafter in Israel, Unterstützer der Kampagne „STOP THE BOMB – Keine Geschäfte mit dem iranischen Regime!“ und Mitglied im Beirat des NUMOV übt Kritik: "Ich halte es für nicht opportun, solche Werbeveranstaltungen gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzuhalten. Die momentane Verhandlungsphase erfordert vielmehr, dass man dem iranischen Regime den Preis vor Augen führt, den es zu zahlen hat, wenn es weiterhin mit seinem Atomprogramm gegen Bestimmungen der internationalen Gemeinschaft verstößt." 

Die Öffentlichkeit in Deutschland müsse mehr über die Bedrohung durch den Iran, den umfassenden deutsch-iranischen Handel und die Sanktionsmöglichkeiten informiert werden, so Dressler. "Besuche von westlichen Politikern im Iran, wie derjenige Gerhard Schröders im Februar dieses Jahres konterkarieren die aktuellen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts, auch wenn sie als Privatreisen deklariert werden.“ Altkanzler Schröder ist Ehrenvorsitzender des NUMOV und hat sich immer wieder gegen Iran-Sanktionen ausgesprochen. 

Beim „NUMOV energy round table - focus Iran“ wird es am 5.5. in Berlin um Geschäfte im Energiesektor gehen, in dem der Iran besonders auf deutsche Technologielieferungen angewiesen ist. Bereits am 27.4.2009 fand in Düsseldorf ein vom NUMOV organisiertes deutsch-iranisches Wirtschaftsforum statt, bei dem laut dem iranischen Botschafter in Deutschland, Ali Reza Sheikh Attar, „Vertreter von etwa 200 deutschen Unternehmen und zahlreiche iranische Industrie-Manager“ teilnahmen. Linde, BASF, Lurgi, ThyssenKrupp, Siemens, ZF Friedrichshafen, Mercedes, Volkswagen und MAN betreiben laut Farsnews „große Infrastrukturprojekte im Iran“. Am 16.4.2009 wurden zudem Pläne der Bayerngas GmbH bekannt, Technologie für den Gassektor an den Iran zu liefern.

Die Kampagne STOP THE BOMB, die für effektive Sanktionen gegen das iranische Regime eintritt, wird am 5.5.2009 um 11 Uhr eine Protestkundgebung unter dem Motto „Keine Geschäfte mit dem iranischen Regime - Keine Unterstützung für Terror, Diktatur, Islamismus und Antisemitismus!“ vor dem NUMOV-Sitz in Berlin abhalten. 

 

 

Ankündigung der Protestkundgebung

Keine Geschäfte mit dem iranischen Regime!

Dienstag, den 5.5.2009, 11 Uhr, vor der NUMOV-Zentrale in Berlin-Mitte, Jägerstr. 63

Wie kürzlich bekannt wurde, soll am 5. Mai in Berlin ein Forum zur Förderung der deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen stattfinden, organisiert vom deutschen Nah- und MittelOst-Verein e.V., kurz NUMOV.

Zu den ersten Vorstandsmitgliedern des 1934 gegründeten NUMOV gehörten Vertreter von Siemens, IG Farben und anderen Akteuren und Profiteuren der nationalsozialistischen Kriegs- und Vernichtungspolitik. „Wir waren nie politisch“, behauptet dagegen NUMOV-Geschäftsführerin Helene Rang. Kritische Fragen nach der Förderung von Geschäften mit einem Regime, das den Holocaust leugnet, wies sie als „Beleidigung für die Deutschen“ zurück. (1) Heute gehören dem NUMOV-Vorstand führende Vertreter deutscher Unternehmen wie ThyssenKrupp, Deutsche Bahn, Deutsche Bank, MAN und E.ON Ruhrgas an, aber auch Bundestagsabgeordnete und leitende Medienvertreter. Ehrenvorsitzender ist Altkanzler Gerhard Schröder, der sich seit Jahren gegen Sanktionen und für den Ausbau des Handels mit der Islamischen Republik Iran ausspricht. Im Februar dieses Jahres reiste Schröder nach Teheran, um sich dort mit Präsident Mahmoud Ahmadinejad und Parlamentspräsident Ali Larijani zu treffen. Die auf der Seite des NUMOV dokumentierten Bilder geben einen Eindruck von der herzlichen Atmosphäre dieses Treffens.

Schon bei einem am 27.4.2009 in Düsseldorf vom NUMOV organisierten Wirtschaftstreffen hatten „Vertreter von etwa 200 deutschen Unternehmen und zahlreiche iranische Industrie-Manager“ darüber diskutiert, wie die „bilateralen Industrie-Verbindungen weiter ausgebaut werden können“, so der Botschafter der Islamischen Republik Iran in Deutschland, Ali Reza Sheikh Attar.  Das für den 5.5.2009 in Berlin angekündigte zweite Wirtschaftstreffen soll sich vornehmlich um den Energiesektor drehen, der die wichtigste Machtbasis und Einnahmequelle des Regimes darstellt. Gerade in diesem Bereich sind große Teile der Industrie im Besitz des Regimes und besonders der iranische Revolutionsgarden. Die Revolutionsgarden sind für die „Sicherung“ und „Ausbreitung“ der Islamischen Revolution zuständig, durch Bekämpfung der Opposition im Iran und Exil und die Förderung islamistischer Kräfte weltweit, besonders der antisemitischen Terrororganisationen Hamas und Hisbollah. Und auch das iranische Atom- und Raketenprogramm wird wesentlich von den Revolutionsgarden betrieben. (2) 

Die Islamische Republik Iran ist nicht nur der größte und aggressivste staatliche Förderer von Antisemitismus und Islamismus. Es handelt sich auch um eine menschenverachtende Diktatur, in der besonders demokratische Kräfte, Frauen, Homosexuelle, religiösen und ethnische Minderheiten unterdrückt, verfolgt, gefoltert und ermordet werden. Das iranische Atomprogramm stellt nicht nur eine existenzielle Bedrohung für Israel dar, sondern ist durch das drohende nukleare Wettrüsten in der Krisenregion Naher Osten und durch die Stärkung islamistischer Kräfte eine globale Gefahr.

Trotz allem ist Deutschland noch immer der wichtigste westliche Handelspartner und Technologielieferant des iranischen Regimes, allein 2008 stieg der Export in den Iran um 10,5 % an. (8) Und wenn nun der NUMOV weitere Geschäfte mit dem Iran fördern will, ist dies alles andere als „unpolitisch“, sondern eine Unterstützung der Islamischen Republik Iran, der Terrorherrschaft und des islamistischen Krieges gegen Israel und gegen Freiheit, Demokratie und Menschenrechte weltweit. 

Die Kampagne STOP THE BOMB ruft deshalb am Tag des deutsch-iranischen Wirtschaftstreffens zu einem ersten Protest vor der Berliner NUMOV-Zentrale auf:

Keine Geschäfte mit dem iranischen Regime!
Keine Unterstützung für Terror, Diktatur, Islamismus und Antisemitismus!
Für einen säkularen und demokratischen Iran!

(1) Jerusalem Post. Zur Legitimation des deutschen Iran-Handels relativiert NUMOV-Geschäftsführerin Helene Rang in einem Radio-Interview auch die vom iranischen Regime betriebene Holocaust-Leugnung (ab Minute 23.20). Zum Thema Holocaust-Leugnung im Iran siehe Matthias Küntzel und Honestly Concerned.
(2) Zur Rolle der Revolutionsgarden siehe zum Beispiel Ali Alfoneh. (PDF)

 

 

Händler und Helden – Deutschlands Allianz mit dem iranischen Regime

Redebeitrag von Fathiyeh Naghibzadeh (STOP THE BOMB) auf der Protestkundgebung vor dem NUMOV-Sitz in Berlin am 5.5.2009

Meine Damen und Herren,

1984 war Hans-Dietrich Genscher der erste westliche Außenminister, der das Mullah-Regime in Teheran besuchte. Seine Fragen nach den Hinrichtungen im Iran blieben unbeantwortet. Das änderte jedoch nichts daran, dass Deutschland in den folgenden Jahren einer der besten Freunde der mörderischen Islamischen Republik Iran wurde und es bis heute geblieben ist.

Je besser die deutsch-iranischen Beziehungen, desto frecher wurde das iranische Regime. 1992 schickten die Mullahs ein Mordkommando hier nach Berlin, das die Führer der iranisch-kurdischen Opposition im Exil im Restaurant Mykonos massakrierte. Berlin war kein Einzelfall. In ganz Europa mordeten die Kommandos des iranischen Regimes.

Nicht einmal der Haftbefehl eines deutschen Gerichts gegen den iranischen Geheimdienstchef Fallahian und die Klassifizierung der iranischen Politik als Staatsterrorismus konnten die deutsch-iranischen Beziehungen dauerhaft stören. Das iranische Regime hat genug andere Mörder, die es nach Deutschland schickt, um hier freundliche Gespräche zu führen. Einer davon ist Mohammad Larijani, ehemaliger stellvertretender Aussenminister des iranischen Regimes, der auch heute noch die Steinigung gegen alle Kritik verteidigt [1] und einst auf die Frage nach Massenhinrichtungen antwortete, der Iran habe eine sehr hohe Geburtenrate.[2]

Larijani trat erst im letzten Jahr auf einer von der Bundesregierung geförderten Berliner Konferenz auf, behauptete, die Leugnung des Holocaust in der muslimischen Welt habe nichts mit Antisemitismus zu tun und rief zur Zerstörung Israels auf.[3]

Sein Bruder Ali Larijani prahlt damit, die Hamas zu unterstützen und erklärte in München - der ehemaligen 'Hauptstadt der Bewegung' - den Holocaust zur Ansichtssache.[4]

Eine schrecklich nette Familie!

Meine Damen und Herren,

Genscher und Kinkel prägten auch den Begriff des kritischen Dialogs. Laut einem Witz bedeutet dieser Dialog, dass wenn sich Mullahs und Europäer treffen, beide die USA und natürlich Israel kritisieren. Das nennt sich kritischer Dialog!

Dieser Dialog hat sich als Konstante der deutschen Politik erwiesen. Keine deutsche Regierung wollte seitdem die guten Beziehungen zum iranischen Regime gefährden. Im Gegenteil, die Nachfolger der CDU/FDP-Regierung versuchten die Kollaboration der bürgerlichen Parteien mit dem religiös-faschistischen Regime im Iran noch zu übertreffen. Denken Sie an Claudia Roth, die noch nach Ahmadinejads antisemitischer Brandrede in Genf vor kurzem die Absage der deutschen Bundesregierung bedauerte.

Oder natürlich an Gerhard Schröder, den Ehrenvorsitzenden des Vereins, vor dem wir heute demonstrieren. Herr Schröder ist immer an vorderster Front, wenn es darum geht, mit den brutalsten Diktaturen der Welt gute Geschäfte zu machen. Er war es, der Ahmadinejad in Teheran die Hand schüttelte. Und seine Organisation, der Nah- und MittelOstverein NUMOV möchte jetzt die Belohnung für diesen Handschlag kassieren. Die Iraner nennen den Ex-Kanzler einen 'Dalal' - einen Mann, der gegen ein Handgeld kriminelle Geschäfte vermittelt.

Meine Damen und Herren,

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Auf der sogenannten Antirassismuskonferenz in Genf ließ die Welt es zu, dass ein Rassist und Antisemit sie über Moral belehrte. Ahmadinejad hat dort fast alles gesagt, was man über das iranische Regime wissen muß.

Die Verhandlungsangebote der USA hat das iranische Regime mit der Verhaftung und Verurteilung der iranisch-amerikanischen Journalistin Roxana Saberi beantwortet.

Und um auch keinen Zweifel an seinem Charakter aufkommen zu lassen, hat das Regime erst vor wenigen Tagen heimlich Delara Darabi hingerichtet. Eine von vielen, die als Minderjährige zum Tode verurteilt wurden.

Dieses Regime pfeift auf Reform, Diplomatie und Dialog. Es leugnet den Holocaust und bereitet einen neuen vor. Wer mit diesem Regime Geschäfte macht und Dialog treibt, der kann sich jedenfalls nicht darauf berufen, dass es ihm um die Menschen im Iran, um Israel oder um den Weltfrieden gehe.

Nein, bei der Konferenz des NUMOV geht es ganz profan um den Profit. Einer Bundesregierung aber, die solche Konferenzen und solche Geschäfte zuläßt, kann man bestenfalls Heuchelei unterstellen – wenn nicht gar Komplizenschaft.

Die Damen und Herren Geschäftsleute und Politiker sollten nur eines nicht vergessen. Dieses Regime wird nicht ewig bestehen. Die iranische Bevölkerung wird im Gegensatz zu den Europäern keinen Unterschied zwischen sogenannten 'Reformern' und 'Konservativen' machen, wenn abgerechnet wird. Und sie wird fragen, wer es möglich gemacht hat, dass dieses Regime so lange ökonomisch und politisch überleben konnte.

Lassen Sie mich abschließend von einem Anruf berichten, der die persische Sektion von Radio Israel vor einigen Jahren aus dem Iran erreichte: Der Anrufer berichtete von den Polizisten, die protestierende Studenten zusammenschlugen. Diese Polizisten bewegten sich in neuen Autos – Made in Germany.

Der Anrufer folgerte: Die Deutschen bleiben sich eigentlich immer gleich – früher waren sie Faschisten – und jetzt unterstützen sie unsere Faschisten.

Herr Schröder, ich gratuliere Ihnen für Ihre Verdienste um das deutsche Ansehen in der Welt!


[1] W. Wahdat-Hagh: Iran - Steinigung als Staatsgesetz, Welt Debatte, 5.10.2008

[2] A Big Prison: Iran, Youtube

[3] Benjamin Weinthal: Berlin forum calls for Israel's destruction, Jerusalem Post, 29.6.2008

[4] Sebastian Fischer: Iran weist Dialog-Angebot brüsk zurück, Spiegel Online, 6.2.2009

 

Presse

Jerusalem Post - Schröder promoting trade with Iran (29.4.2009)

Guardian - Germany pressures firms to limit Iran trade-report (7.5.2009) 

Turkish Weekly - Former German Envoy Blasts Schröder's Iran Lobby Work (6.5.2009)

Jerusalem Post - Former German Envoy Blasts Schröder's Iran Lobby Work (6.5.2009)

Handelsblatt - Berlin blockiert Iran-Geschäft (6.5.2009)

Die Welt - Numov: Geschäfte hinter verschlossenen Türen (6.5.2009)

JTA - Despite measures, Germany-Iran ties persist (5.5.2009)

Jungle World - Keine Chance für den Sheikh (4.6.2009)