Deutschland / Deutschland-Iran / ThyssenKrupp
Sprache wählen
Freitag, 22. November 2024

Presseberichte zu ThyssenKrupp

Huffington Post - From Hitler to Ahmadinejad: CEOs You Can Rely On (30.1.2010)

Handelsblatt - Handelsbeziehungen: Deutsche Wirtschaft kämpft um Iran-Geschäfte (22.1.2010)

Jerusalem Post - 'Nazi-era corporate behavior repeated' (21.1.2010)

 

 

Beantwortung der Fragen von STOP THE BOMB

Auf der ThyssenKrupp Hauptversammlung am 21.1.2010 gab der Vorstandsvorsitzende Dr. Schulz folgende Auskünfte:

 

Dr. Schulz bestätigte, dass die iranische Ific mit 4,5% an ThyssenKrupp beteiligt ist.

Der Gesamtumsatz des Konzerns mit iranischen Geschäftspartnern habe im Geschäftsjahr 08 / 09 rund 185 Mio. Euro betragen. Das entspräche 0,5 Prozent des Konzernumsatzes.

Größere Abschlüsse hätten in den letzten Jahren im wesentlichen Lieferungen und Leistungen für „Zementanlagen, PVC-Fabrik, Schienen und ein Containerschiff“ umfasst.

Zur Frage, ob Dual-Use-Güter, wie zum Beispiel Spezialmagnetringe, die für das iranische Atomprogramm benötigt werden, von ThyssenKrupp über Drittfirmen in den Iran gelangen könnten, sagte der Vorstand lediglich, ThyssenKrupp würde „die gesetzlichen Bestimmungen der Exportkontrolle“ achten.

Auf die Frage, an welchen Raffinerieprojekten im Iran ThyssenKrupp und Uhde seit
2003 beteiligt waren, antwortete Dr. Schulz, Uhde habe Ingenieurs- und Serviceleistungen für die Raffinerie Isfahan erbracht, aber keine Lieferungen.

Der Vorstand konnte nicht bestätigen, dass ThyssenKrupp nicht an gemeinsamen Projekten mit Firmen der Revolutionsgarden beteiligt ist. Dr. Schulz sagte, es sei ThyssenKrupp nicht bekannt, welche iranischen Baufirmen Montageleistungen an Projekten im Iran übernommen habe.

Bezüglich der Überlassung von Lizenzen an iranischen Partnerfirmen gab der Vorstand an, dass Uhde Engineering beim Jam Petrochemical Assaluyeh Olefin Project eine Lizenz erbracht hätte.

Dr. Schulz verneinte jeden Kontakt mit dem Iran bezüglich des Transrapidprojekts; iranische Quellen hatten Verhandlungen mit ThyssenKrupp in diesem Projekt gemeldet. 

Hr. Schulz sagte es sei nicht seine Aufgabe, sich zu politischen Themen zu äußern, dies sei Aufgabe der Bundesregierung.

Auf die Frage, ob der Vorstand wirklich wolle, dass ThyssenKrupp eine wichtige Stütze eines antisemitischen und terroristischen Regimes sei, antwortete Hr. Schulz,  bei einem Umsatzanteil von weniger als 0,5% des Gesamtkonzernumsatzvolumens [185 Millionen Euro!] könne man nicht von einer Unterstützung sprechen.

Zur Niederschlagung der Demokratiebewegung wollte sich Dr. Schulz nicht äußern, da dies ein politisches Thema sei, und deshalb für die Firma kein Thema darstelle.

Nach Einschätzung des Vorstands können die Iran-Geschäfte von ThyssenKrupp die Geschäfte in den USA nicht gefährden.
 
Die Umsätze mit den in Düsseldorf ansässigen und dem iranischen Ministerium unterstellten Firmen MNE und Ascotec gab der Vorstand wie folgt an.

Beziehungen zu Mines und Metals Engineering (MNE):

  • 2006/2007 habe Polysius einen Umsatz von 71.000 Euro erzielt.

Beziehungen zu Ascotec:

  • In 2006 / 2007 betrug der Umsatz von Polysius mit Ascotec 162.000 Euro, von ThyssenKrupp Materials Logistics im selben Jahr 316.000 Euro. 
  • Im Jahr 2007/2008 betrug der Umsatz von ThyssenKrupp Materials Logistics mit Ascotec 619.100 Euro, Rothe Erde 12.000 Euro. 
  • 2008/2009 erzielten ThyssenKrupp Materials Logistics 72.000 Euro und Polysius im selben Jahr 148.000 Euro.

 

 

Fragen an ThyssenKrupp

STOP THE BOMB, 21. Januar 2010

Offener Brief an Herrn Dr. Cromme und Herrn Dr. Schulz,

Aufsichtsrats- und Vorstandvorsitzende der ThyssenKrupp AG

 

Sehr geehrter Herr Dr. Schulz,
sehr geehrter Herr Dr. Cromme,

ThyssenKrupp und vor allem dessen Tochterunternehmen Uhde haben in den letzten Jahren Verträge über diverse Großprojekte im Iran abgeschlossen. Seit Jahren hat das iranische Regime ein großes Interesse an Produkten von ThyssenKrupp und ist sogar mit 4,5% Anteilseigner.

Iran-Geschäfte, besonders im Energiebereich, stärken das iranische Regime und hintergehen die internationalen Sanktionsbemühungen. Zudem ist ein großer Teil der iranischen Wirtschaft in den Händen der iranischen Revolutionsgarden, dem harten Kern des Regimes um Präsident Ahmadinejad. Die Revolutionsgarden sind für das brutale Vorgehen gegen die iranische Opposition, für die Unterstützung islamistischer Terrororganisationen weltweit und für das iranische Atom- und Raketenprogramm verantwortlich. Ein erklärtes Ziel der iranischen Führung ist es, Israel von der Landkarte zu tilgen. Durch ihr Atomwaffenprogramm könnte sie bald in der Lage sein, diese Ankündigung in die Tat umzusetzen.

Wer weiter Geschäfte mit dem Iran macht, handelt politisch verantwortungslos und kurzsichtig, stützt das islamistische Regime, ist mitverantwortlich für die Unterdrückung der iranischen Bevölkerung und untergräbt die Sanktionsbemühungen zur Verhinderung der iranischen Atombombe.

Nicht nur die Aktionäre der ThyssenKrupp-AG, sondern auch die internationale Öffentlichkeit haben deshalb ein Recht, Antworten auf folgende Fragen zu erhalten:

  • Wie hoch war das Handelsvolumen von ThyssenKrupp mit dem Iran im Geschäftsjahr 2009?
  • Was waren die größten Einzelabschlüsse seit 2003 und wer waren die Geschäftspartner?
  • Wie stellt ThyssenKrupp sicher, dass für ein Atomwaffenprogramm nutzbare Produkte wie Spezialringmagnete, Bauteile von Gaszentrifugen oder gehärteter Stahl nicht über Drittfirmen an iranische Abnehmer geliefert werden?
  • Welche Güter wurden an die in Düsseldorf ansässigen, aber dem iranischen Ministerium für Industrie- und Bergbau unterstellten Firmen MME und Ascotec verkauft?
  • An welchen Raffinerie-Projekten im Iran waren ThyssenKrupp und Uhde seit 2003 beteiligt? Welche sind aktuell noch nicht abgeschlossen?
  • Sind ThyssenKrupp oder Uhde noch an folgenden Projekten beteiligt und welche Lizenzen wurden iranischen Partnerfirmen dabei überlassen?
    - Jam Petrochemical Assaluyeh Olefin Project
    - PP und PDP Anlage der Pars Special Economic Energy Zone
    - FCC Anlage der Raffinerie in der Region Isfahan 
  • Kann ThyssenKrupp sicherstellen, dass an diesen Projekten keine Firmen der Revolutionsgarden beteiligt sind? 
  • Wird über ein Transrapid-Projekt im Iran (Tehran-Mashad) – trotz Einspruch der Bundeskanzlerin – noch immer mit dem Iran verhandelt, wie dies iranische Quellen im September und Oktober 2009 verlautbarten?

Kritische ThyssenKrupp-Aktionäre aus der STOP THE BOMB Koalition (21.1.2010)

 

Iran-Geschäfte: Das Beispiel ThyssenKrupp

Der ThyssenKrupp Konzern hatte in der Vergangenheit ein besonders enges Verhältnis zum iranischen Staat. Dieser ist 1974 als Investor bei ThyssenKrupp eingestiegen. Bis zum Jahr 2005 saß der iranische Vizeminister für Wirtschaft und internationale Angelegenheiten, Dr. Navab-Motlagh, mit im Aufsichtsrat.[1] Aus Angst vor Verlusten im USA-Geschäft wurde er Ende 2004 nicht mehr zur Wiederwahl vorgeschlagen.[2] Der iranische Staat war außerdem über die staatliche Ific Holding AG drittgrößter Anteilseigner bei ThyssenKrupp mit einem Aktienpaket von 7,8%. Auch hier war es amerikanischer Druck, der 2003 zu einer Reduzierung der iranischen Anteile auf 4,5% führte.[3] Diesen Anteil hält Ific jedoch noch immer, und allein im Jahr 2007 kassierte der iranische Staat über die Ific Dividenden in Höhe von 18,5 Mio. Euro.[4] Im Iran hat ThyssenKrupp eine Tochterfirma namens ThyssenKrupp Assanbar.[5] (Anteil an Kapital: 51%)

Besonders aktiv im Energiebereich ist Thyssens Tocherfirma Uhde, deren Schwerpunkte bei Planung und Bau von Chemie- und Industrieanlagen sowie im Ölbereich liegen. Laut iranischen Quellen war Uhde 2008 als eine der hauptbeteiligten Firmen am Jam Petrochemical Assaluyeh Olefin Project beteiligt; es handelt sich hierbei um den Bau einer der größten iranischen Olefin-Anlagen mit einer geplanten Produktivitätskapazität von 1,320,000 Tonnen pro Jahr.[6] Ebenfalls in Assaluyeh ist Uhde als Lizenzgeber momentan an der Erstellung einer weiteren petrochemischen Anlage beteiligt.[7] Außerdem gibt Uhde auf der eigenen Webseite an, momentan am Bau einer PVC Anlage in Bandar Imam beteiligt zu sein (Uhde ist hier wiederum Lizenzgeber).[8] Im März 2007 berichteten die Dow Jones News und die iranische Agentur Press TV von der Vereinbarung zu einem Bau einer 1,3 Milliarden Euro teuren Raffinerieanlage in der Isfahan Region, an der Uhde sowie die deutsche Firma Lurgi beteiligt seien. Iranischer Auftraggeber ist die National Iranian Oil Engineering and Construction Co, eine Tochterfirma des iranischen Ölministeriums.[9] Auch in den Jahren zuvor war Uhde immer wieder in den Bau von petrochemischen Anlagen involviert.

Ältere Projekte sind:

  • 2005 meldete die deutsch-iranische Handelskammer Uhdes Beteiligung am Bau einer Petrochemieanlage im Iran;[10]
  • 2003 baute Uhde einen PVC-Komplex;[11]
  • zwischen 2003 und 2007 tätigte Uhde sieben Geschäftsabschlüsse im Iran bei der Modernisierung von Zement-Anlagen.[12]
  • Am Rande sei erwähnt, dass ThyssenKrupp für die Herstellung von martensidaushärtendem Stahl bekannt ist, der beim Zentrifugenbau und zu militärischen Zwecken benötigt wird.[13]

Wie steht ThyssenKrupp zur Verantwortung, die die Firma durch dieses enge Verhältnis mit dem diktatorischen und antisemitischen Regime einnimmt? Die Frage, ob Deutschland eine spezielle Verantwortung für Israel habe, bejahte Firmensprecher Klaus Pepperhoff in einem Interview mit der Jerusalem Post im April 2009. Ob jedoch auch eine Firma eine besondere Verantwortung habe, könne er "aus dem Kopf nicht sagen".[14]

Kein Wunder, dass vor dem Hintergrund dieser langjährigen Kooperation ein Sprecher der staatlichen iranischen NPC, der nationalen petrochemischem Gesellschaft, im Juni 2008 die Wirtschaftssanktionen der USA verhöhnte. Gholam-Hossein Nejabat sagte: "Wir sind mit keinerlei Einschränkung konfrontiert, egal um welche Technologie es geht, da die US-Technologie auch von anderen Ländern angeboten wird (...). Wir kriegen Technologie von solchen Firmen wie Basell, (...) Linde, Uhde und vielen anderen".[15]

An diesen Beispielen wird besonders sichtbar, dass die enge Kooperation deutscher Firmen mit hochentwickelter Technologie im Iran nicht so einfach durch andere Länder ersetzt werden kann.


[1] "ThyssenKrupp: Abschied von den Mullahs", manager magazin, 21.1.2005, http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,337949,00.html
[2]
"Das Bauernopfer im Aufsichtsrat von Thyssen Krupp", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.12.2004.
[3]
Geschäftsbericht ThyssenKrupp 2003/2004, S. 166.
[4]
"Berlin Faces Hurdles in Push to Get Business Out of Iran", Spiegel online, 20.11.2007,  http://www.spiegel.de/international/world/0,1518,518503,00.html
[5]
Siehe ThyssenKrupp Geschäftsbericht 2007/2008, S. 230. Das Tochterunternehmen ist im Anteilsverzeichnis unter "voll konsolidierte Tochterunternehmen" unter der laufenden Nummer 412 aufgeführt. (Stand: 30.9.2008)
[6]
Siehe Webseite der Sazeh Consultants, http://www.sazeh.com/content/view/51/32/, [8.12.2009] sowie das Infoportal SteelGuru, "Iran to inaugurate 10th olefin project", Steelguru, 22.6.2008, http://steelguru.com/news/index/2008/06/22/NTE4MjE%3D/Iran_to_inaugurate_10th_olefin_project.html, zuletzt eingesehen am 8.12.2009.
[7]
Kunde ist laut Angaben der Sazeh Consultants die iranische Borzooyeh Petrochemical Company. Siehe Webseite Sazeh Consultants, http://www.sazeh.com/content/view/50/32/, zuletzt eingesehen 8.12.2009. Eine sehr große Rolle spielen Lizenzverträge in Industrie und Handel, um Dritten ein Nutzungsrecht an gewerblichen Schutzrechten unter definierten Bedingungen einzuräumen. Lizenzen werden vor allem für die Nutzung von Patenten, Gebrauchsmustern, Marken, Know-how oder Software erteilt. Ein Beispiel sind Lizenzbauten beim Auto- und Flugzeugbau. Dabei werden dem Lizenznehmer Kopien der Konstruktionspläne überlassen und der Lizenzgeber hilft oft dem Lizenznehmer bei der Produktionsaufnahme.
[8]
Siehe Uhde Webseite, http://www.uhde.eu/competence/technologies/polymers/techprofile.de.epl?profile=14&pagetype=2, zuletzt eingesehen am 8.12.2009.
[9]
Vgl. "Uhde und Lurgi vor 1,3-Mrd-EUR-Raffinerie-Auftrag aus dem Iran", Dow Jones News,16.3.2007, http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Uhde-und-Lurgi-vor-1-3-Mrd-EUR-Raffinerie-Auftrag-aus-dem-Iran-154714; Press TV, 15.3.2007, http://www.presstv.ir/detail.aspx?id=2748
[10]
"Uhde baut Petrochemieanlage in Iran", DIHK Nachrichten Nr. 51/05 vom 17.1.2005, http://www.dihkev.de/news.html
[11]
"Uhde baut PVC-Komplex in Iran", DIHK Nachrichten Nr. 17/2003 vom 1.9.2003, www.dihkev.de/news.html
[12]
Klaus-Reiner Esser (ThyssenKrupp Pressebüro), "ThyssenKrupp Fördertechnik profitiert vom boomenden iranischen Zementmarkt. Brech- und Mischbettanlagen für rund 17 Mio. €", http://www.baumaschine.de/Portal/Archive/Meldungen/040712_tkf/040712_tkf.html
[13]
ThyssenKrupp hat 1990 ein Patent zur Verarbeitung und Herstellung von martensitaushärtendem Stahl erhalten, der auch beim Zentrifugenbau benötigt wird. http://www.patent-de.com/19900308/DE2911408C1.html
[14]
Benjamin Weinthal, "Germany's Schröder promoting trade with Iran", Jerusalem Post
[15] "Iran seeks top petrochemical spot in ME", PressTV 16.6.2008, http://www.presstv.ir/detail.aspx?id=60285

 

Protest bei der ThyssenKrupp-Aktionärversammlung am 21. Januar 2010

Bochum: Stop the Bomb-Infostand und Proteste gegen Irangeschäfte

Am 21.1.2010 werden Aktivistinnen und Aktivisten von Stop the Bomb Nordrhein-Westfalen an der RuhrCongress-Halle in Bochum (Stadionring 20) von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr gegen die Iran-Geschäfte von ThyssenKrupp protestieren.