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Freitag, 22. November 2024

Dokumentation einer Presserklärung des Internationalen Komitees gegen Todstrafe

April 2009

Obamas “Respekt"-Politik stärkt die iranische Gottesdiktatur und begünstigt den Vormarsch der menschenrechtsfeindlichen Herrschaftskultur des Islam

In der europäischen Öffentlichkeit wird Barack Obama wie ein Messias inszeniert und seine neue “Respekt"-Politik gegenüber den islamischen Regierungen und islamistischen Kräften fast ausschließlich positiv bewertet. Oberflächlich betrachtet ist es zunächst natürlich auch von Vorteil, das schlechte Image der USA, wie es zuletzt der “wiedergeborene Kreuzritter" Bush provoziert hatte, durch eine Charme-Offensive aufzupolieren. Doch eine Politik der ausgestreckten Hand gegenüber den Trägern islamistischer Diktaturen und menschenrechtsfeindlicher Regime bewirkt letztendlich nur deren Stabilisierung und trägt damit zur Schwächung der Oppositionsbewegung gegen politischen Islam bei.

Anstatt die menschenfeindliche Unterdrückungspraxis des iranischen Gottesstaates überhaupt auch nur zu erwähnen oder ein Wort der Solidarität mit den Opfern und Gegnern islamischer Unterdrückungspolitik zu verlieren, beugte sich Obama der Forderung Ahmadinedschads, die Erklärung “wechselseitigen Respekts" zur Voraussetzung von Gesprächen zu machen und entwarf das Trugbild konstruktiver Beziehungen zwischen den USA, der iranischen Gottesdiktatur und der internationalen Gemeinschaft. Gedeihliche Beziehungen wird es aber erst mit einem Iran geben können, der sich vom Joch des totalitären Islamismus befreit. Die Leitvision kann nicht die Zusammenarbeit mit einem religiösen Terrorstaat sein. Das Ziel müsste vielmehr in einer säkularen Umwälzung im Interesse der Menschen, die heute für Freiheit und ein Leben ohne Unterdrückung und vor allem ohne barbarische religiöse Regierung kämpfen und deren Förderung gesehen werden.

“Wechselseitiger Respekt" gegenüber einem totalitären Herrschaftssystem ist aus rationalen und moralischen Gründen eine verfehlte Vorgehensweise. Das gilt gerade auch für ein totalitäres System mit einer islamischen Identität, die keine Gleichberechtigung zwischen Rechtgläubigen, Andersgläubigen und Ungläubigen zulässt. “Respekt" heißt in diesem islamischen Deutungsrahmen nämlich immer, von der nichtmuslimischen Umwelt letztendlich die Anerkennung der eigenen Überlegenheit einzufordern und keinerlei Kritik an der eigenen vormodern gewirkten Herrschaftskultur zuzulassen. “Respekt"-Politik gegenüber den islamischen Herrschaftsträgern läuft deshalb tendenziell immer auf die Selbstdemontage der eigenen säkular-demokratischen Prinzipien hinaus. Deshalb darf es weder eine “Gleichberechtigung" zwischen demokratischen und menschenrechtsfeindlichen Systemen geben noch dürfen islamische Diktaturen “respektvoll" behandelt werden.

Wohin Obamas Politik der ausgestreckten Hand führt, lässt sich bereits an den vorliegenden Reaktionen der iranischen Islamisten ablesen:

1) In arrogant-überheblicher Manier erklärte der Sprecher der iranischen Gottesdiktatur, Obamas Worten müssten nun Taten folgen, um die Fehler der Vergangenheit zu reparieren. So schnell könnten die Iraner die vorherige aggressive und feindliche Politik der USA nicht vergessen. Zudem dürften die USA Teheran nicht länger beschuldigen, Atomwaffen anzustreben und den Terrorismus zu unterstützen. Einmal mehr wird hier deutlich: Selbstkritik ist schon im orthodoxen Islam nicht vorgesehen. Das gilt erst recht für die islamistischen Träger der iranischen Gottesdiktatur mit ihrem totalitären Gleichschaltungswahn. Dafür wird ein im Übermaß kultivierter Hang zur Selbstgerechtigkeit zum Ausdruck gebracht sowie die unverschämte Forderung nach Wahrheitsbeugung erhoben.

2) Zugleich düpierte die iranische Führung Obamas Annäherungsversuch mit der feierlichen Einweihung einer neuen Atomanlage in Isfahan, mit der nun der vollständige Prozess zur Herstellung von nuklearem Brennstoff abgeschlossen ist. Damit wurde erneut bewiesen, dass die ermüdende Monotonie ergebnisloser Verhandlungsrunden ausschließlich den Betreibern des iranischen Nuklearprogramms Nutzen bringt.


3) Die Aufwertung der iranischen Gottesdiktatur zu einem “Gesprächspartner auf Augenhöhe" wird von den Teheraner Islamisten sofort dahingehend missbraucht, die Repression im Inneren zu verstärken und die barbarischen islamischen Gottesgesetze noch ungezügelter anzuwenden.

Bereits jetzt weist der Iran weltweit die höchste Rate an Hinrichtungen im Verhältnis zur Bevölkerung auf. Zudem werden im Iran weltweit am meisten Jugendliche hingerichtet. Seit Obamas Gesprächsangebot anlässlich des iranischen Neujahrsfestes erreichen uns Stimmen aus dem Iran die besagen, dass das Regime noch aggressiver gegen Frauen und oppositionelle Werktätige vorgeht und sich durch die erlangte internationale Salonfähigkeit beflügelt sieht, bislang aufgeschobene Hinrichtungen nun zu vollstrecken. So erhielten wir in diesen Tagen auch die Hilferufe von zwei Frauen, die unmittelbar von Hinrichtungen bedroht sind. Über beide, Shahla Jahed und Delara Darabi, wurde bereits international berichtet.

Die zahlreichen Menschen im Iran, die nicht mehr länger die islamische Regierung aushalten können, lehnen Obamas “Respekt"-Politik gegenüber den islamistischen Herrschaftsträgern ab und sehen darin eine Verletzung ihrer Interessen und Gefühle. Anstatt das Mullah-Regime aufzuwerten und dadurch die innere Repression zu bestärken, wären Obama und generell alle menschenrechtlich orientierten Organisationen und Regierungen gut  beraten, sich an die Seite der iranischen Opposition zu stellen und den sofortigen Stopp sämtlicher Hinrichtungen im Iran zu fordern.

Mina Ahadi
Sprecherin des Internationalen Komitees gegen Todesstrafe

minaahadi@aol.com

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